Es folgt ein Beitrag über die rassistischen Übergriffe im Vereinigten Königreich von den Genoss*innen von Freedom News von gestern Abend, den ich heute übersetzt habe.
Die Fake News, die nach den schrecklichen Messerstechereien in Southport verbreitet wurden, waren nicht die Ursache, sondern der Auslöser für diese dezentrale Mobilisierung
Die extreme Rechte hat ihr offensives Auftreten auf der Straße am Wochenende intensiviert. Unter anderem in Belfast, Bristol, Hull, Manchester, Nottingham, Southport, Sunderland, Blackpool, Liverpool und Stoke-on-Trent kam es zu Angriffen auf Menschen und Gebäude (darunter Wohnungen, Geschäfte und mindestens eine Moschee) sowie zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Die Ereignisse am Samstag folgten auf Ausschreitungen in Southport am Dienstag (30. Juli), nachdem Gruppen wie Patriotic Alternative nach den grausamen Messerstechereien dort Fake News verbreitet hatten. Dies war jedoch nur der Auslöser für die Ereignisse an diesem Wochenende, die auf die „erschreckend große“ Demonstration vom 27. Juli in London folgten, die von Tommy Robinson [1] angeführt wurde.
Ähnlich wie bei der Entstehung der EDL [2] und den Ausschreitungen nach dem Mord an Lee Rigby [3] handelte es sich bei den Ereignissen vom Samstag um eine dezentrale Mobilisierung, die größtenteils von autonomen lokalen oder regionalen Gruppen organisiert wurde, die über soziale Medien miteinander verbunden waren.
Kurzfristig wurden Gegendemonstrationen organisiert, die von bürgerlichen Organisationen wie Stand Up To Racism, aber auch von militanteren Teilnehmer*innen unterstützt wurden. In Bristol standen etwa 300 Faschisten einer Gegendemo von 1000 oder mehr Personen gegenüber. Die Polizei verlor zeitweise die Kontrolle. Unten sieht man, wie offenbar rechtsextreme Kräfte mit örtlichen Antifaschist*innen kämpfen, die sie daran hindern wollen, eine Unterkunft für Migrant*innen anzugreifen.
#Screenshot Antifaschist*innen schützen eine Unterkunft für #Migrant*innen in #Bristol gegen Angriffe von Faschist*innen. Die antifaschist*innen schafften es gestern diesen Angriff abzuwehren. No surprise: Die Cops sind im Video nirgendwo zusehen. #Antifa ( #Klimantifa ) bleibt Handarbeit. 🥷🥷🥷
— Riot Turtle 🚴♀️ (@riotturtle.bsky.social) Aug 4, 2024 at 10:10
Kämpfe in Bristol. Video: Prima Linea
Auch in Blackpool kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Antifaschist*innen und Faschist*innen.
Ein fliegender Stuhl in Blackpool. Video: Popular Front
Fotos aus Sheffield zeigen einen von Antifas verletzten Mann vor und nach der Tat
Oder so wie in #Sheffield, #UK, heute. Eine Begegnung mit einer Faschist in 2 Bilder. Before / After.
— Riot Turtle 🚴♀️ (@riotturtle.bsky.social) Aug 4, 2024 at 18:59
Sheffield, vorher und nachher. von Antifa Squads.
Aus Leeds wurde dagegen berichtet, dass die Faschisten – im Gegensatz zu den Berichten der Medien und NGOs – die Kontrolle über das Stadtzentrum für längere Zeit übernommen haben. Zweimal gelang es ihnen, trotz der Gegenproteste und der Polizei zu marschieren. „Es ist schwer, eine Situation zu verlieren, aber es macht es viel schwieriger, die nächste zu gewinnen, wenn diese Niederlage als Sieg dargestellt wird“, so eine lokale Aktivistin auf ihrer Facebook-Seite. „Aber es heißt, dass die Faschos zurück sind. In Massen. Und die Linken sind derzeit schwach und in der defensive. Ich bin mir sicher, dass wir unterschiedliche Meinungen darüber haben, warum das so ist, aber ich bin mir auch sicher, dass wir uns einig sind, dass es eine einheitliche Opposition, mit Entschlossenheit, Mut und Toleranz für unterschiedliche Ansichten innerhalb des breiten Bündnisses geben muss, um zu verhindern, dass dieses Pack unsere Städte in Besitz nimmt“.
Es bleibt abzuwarten, ob es sich bei den rassistischen Ausschreitungen vom Wochenende um einen Nachwahlkampf oder um einen neuen Aufschwung der extremen Rechten handelt und inwieweit sie es der Labour-Regierung ermöglichen werden, die Einschränkungen für Proteste noch weiter zu verschärfen. In der Zwischenzeit bietet das Antifaschistische Netzwerk auf seiner Website einen Leitfaden für eine effektive Massenmobilisierung und viele andere Ressourcen.
~ Scott Harris
Fußnoten
[1] Die TAZ über Tommy Robinson: Der Faktenverfälscher aus Luton – Den Islam nennt er „Krankheit“: Aktivist Tommy Robinson hat mit Fake-News seine Follower zu den rassistischen Ausschreitungen in England angestachelt. -> https://taz.de/Rechtsextremer-Brite-Tommy-Robinson/!6025164/
[2] Die English Defence League (deutsch Englische Verteidigungsliga, kurz EDL) ist eine rechtsextreme politische Organisation in Großbritannien. Sie entwickelte sich 2009 aus der britischen Hooligan-Szene, zu der sie weiterhin in Verbindung steht. -> https://de.wikipedia.org/wiki/English_Defence_League
[3] Der islamistische Mord an Lee Rigby (* 1987, in Crumpsall, Manchester) fand am 22. Mai 2013 im Londoner Stadtteil Woolwich statt. Rigby, Soldat der British Army, wurde vorsätzlich von hinten mit einem Auto angefahren und anschließend von den beiden Insassen mit Hiebwaffen und Messern getötet. In der Nähe des Tatorts wurden nach der Tat die Sicherheitsvorkehrungen verschärft und alle Kasernen stärker bewacht. Zusätzliche 1200 Polizist’innen wurden in ganz London eingesetzt, um Vergeltungsaktionen und Übergriffe gegen muslimische Gemeinden zu verhindern. Tatsächlich kam es in der unmittelbaren Folge des Mordes zu antimuslimischen Reaktionen im gesamten Vereinigten Königreich. In der Zeit bis zum 27. Mai 2013 dokumentierte „Hope not Hate“, ein Aktionsbündnis gegen Rassismus, 193 islamophobische Vorfälle, darunter 10 Angriffe auf Moscheen.